Philip Kohl ist Rechtsanwalt bei BRP Renaud und Partner mbB. Er studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, München und Sydney. Seit 2018 ist er Partner und seit 2019 Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er ist spezialisiert im Bereich Intellectual Property (IP) Law sowie im Wettbewerbsrecht tätig. Philip Kohl ist Dozent für das Fortbildungsinstitut der Rechtsanwaltskammer Stuttgart und wird vom Ranking Best Lawyers für den Bereich IP empfohlen. Daneben ist er Regionalkoordinator im Völklinger Kreis e.V.

Im Jahr 2020 war er auf der Liste der 100 Top Out Executives sowie dieses Jahr auf der Liste der Proutperformer platziert. Beide Listen sollen unter anderem Sichtbarkeit der LGBTQ+-Community in der Arbeitswelt schaffen und besonders engagierte LGBTQ+-Personen hervorheben.

1. Warum ist es für Sie selbst so wichtig, die LGBTQ+-Community zu repräsentieren?
Kohl: Ich meine, dass Vorbilder und Repräsentation – in diesem Fall von LGBTQ+ Personen –
unglaublich wichtig sind und zwar in mehrere Richtungen.
Zum einen sehen andere, vor allem jüngere, LGBTQ+ Personen, dass Geoutet-Sein und beruflicher Erfolg sich nicht ausschließen – ganz im Gegenteil!
Wer nicht geoutet ist, verwendet extrem viel Energie auf ein Versteckspiel, Energie die er sonst in die Arbeit stecken kann!
Und noch immer ist die Mehrheit der LGBTIQ+ Personen am Arbeitsplatz nicht geoutet.
Zum anderen wird, meine ich, durch die Sichtbarkeit auch die Akzeptanz erhöht. Denn LGBTQ+ Personen sind in allen Berufen, allen Branchen vertreten.
Wenn man das sichtbar macht, verringert das die Berührungsängste oder falsche Vorurteile, die manche Menschen möglicherweise noch immer haben.
 2. Welche Reaktionen begegnen Ihnen?
Kohl: Ich habe sehr viele positive Reaktionen auf die Platzierung auf der Liste der 100 Top Out Executives letztes Jahr oder dieses Jahr der PROUTPERFORMER erhalten, gerade auch von innerhalb der Kanzlei, was mich sehr gefreut hat.
Ich meine, eines der größten Missverständnisse ist, wenn es häufig heißt, explizite Diversity-Maßnahmen seien nicht erforderlich, da man doch niemanden diskriminiere und die sexuelle Orientierung ohnehin Privatsache sei, die im Büro nichts zu suchen habe.
Dass die sexuelle Orientierung natürlich auch im Büro eine Rolle spielt und sichtbar wird, sieht man aber beispielsweise daran, dass Büros von (vor allem) cis-geschlechtlichen heterosexuellen Kolleg:innen, ohne dass darüber nachgedacht wird, ganz selbstverständlich mit Familienbildern oder Bilder der andersgeschlechtlichen Partner:innen geschmückt sind.
Auch Mandant:innen sprechen im Small-Talk private Themen an, wie das am vergangenen Wochenende oder im Urlaub Erlebte. Aber damit wird die (in dem Fall heterosexuelle) Orientierung offenbart; es fällt nur niemandem auf.
Berichten aber LGBTIQ+ Personen entsprechend aus ihrem Privatleben, fällt das hingegen durchaus auf. Daher ist es Aufgabe von Diversity-Maßnahmen, ein Umfeld zu schaffen, in dem niemand ein Hemmnis verspürt, man selbst zu sein.

3. In welchen Bereichen würden Sie sich in der (Arbeits-)Welt bzgl. LGBTQ+-Rechte besonders Besserung wünschen?
Kohl: Offene Diskriminierung ist glücklicherweise selten geworden. Was ich mir aber wünsche, ist, dass ein größerer Fokus auf das sog. unconscious bias gelegt wird, also unbewusste (diskriminierende) Denkmuster, bei denen wir immer wieder Opfer unserer Vorurteile werden. Die haben wir nämlich (unterbewusst) alle!
Darüber hinaus wünsche ich mir mehr Diversity Management, dass also aktiv danach gestrebt wird, ein Unternehmen diverser zu machen.
In diesem Bereich sind andere Länder, beispielsweise UK, deutlich weiter als wir.
Zum einen wünsche ich mir das aus den oben genannten Gründen; zum anderen verlangen manche Mandant:innen, vor allem im internationalen Bereich, schon heute Nachweise von Diversity Maßnahmen, bevor sie ein Mandat vergeben.
Auch das wird sicher zunehmen.
Vor allem aber wird ein diverses Unternehmen immer erfolgreicher sein, als ein Unternehmen dem Diversität fehlt, weil verschiedene zusätzliche Blickwinkel, die mit der Diversität einhergehen, miteinfließen und in besseren Ergebnissen münden – schließlich sind auch unsere Mandant:innen und deren Kund:innen divers! Vielfalt sollte gefeiert, nicht gefürchtet werden!

4. Welchen Tipp würden Sie gerne Studierenden für einen offenen Umgang mit der eigenen Identität generell und beim Eintritt in die Berufswelt mitgeben?
Kohl: Seien Sie Sie selbst! Nur so werden Sie Ihr volles Potential ausschöpfen. Die Angst, dass Ihnen dadurch Nachteile erwachsen, sollten Sie nicht haben. Denn wenn Sie in einem Unternehmen, einer Kanzlei, einer staatlichen Einrichtung sein sollten, in der Sie nicht so sein können, wie Sie sind, dann ist das definitiv nicht die richtige Stelle für Sie und je früher Sie das merken, desto besser

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